Honorarberatung: Vorteile und Nachteile

von Manuel Reil | | Infos
Honorarberatung: Vorteile und Nachteile

In diesem Artikel erhalten Sie einen Einblick in die Debatte um die Honorar- und Provisionsberatung. Die Debatte geht dabei mitten durch die Verbraucherschützer. Während der deutsche Verbraucherschutz die Honorarberatung befürwortet, setzten sich die österreichischen Konsumentenschützer weiter für das Provisionsmodell ein. Das Argument, die Honorar- bzw. Provisionsberater würden nicht im Interesse des Kunden arbeiten, wird von beiden Seiten als Gegenargument verwendet. Erste Erfahrungen aus Großbritannien und der Slowakei, wo Honorarberatung verpflichtend eingeführt wurde, lassen die Honorarberatung bereits in keinem guten Licht erscheinen. In Deutschland gibt es nur sehr wenige Honorarberater: Im Versicherungsbereich sind es gerade mal 283 Personen. Nach der Meinung einiger Politiker und Verbraucherschützer sollen es künftig mehr sein. Die Honorarberatung empfehlen sie sogar als Alternative zu den etablierten Maklern. Deren Ruf scheint durch einige Skandale, besonders im Strukturvertrieb nachhaltig geschädigt zu sein. Doch ist die Honorarberatung tatsächlich die ideale Lösung? Erste Zweifel kommen auf. Für den Kabarettisten Harald Schmidt kommen Honorarberater als Wolf im Schafspelz daher. Sie würden sich den Anschein des Ehrlichen geben, so Schmidt in einem SWR-Interview, doch kaufe man ihnen die Rolle des edlen und selbstlosen Verbraucherschützers nicht ab.

Honorar- und Provisionsberatung im direkten Vergleich:

Der Staat muss ein Interesse an flächendeckender Beratung haben

Jörg-Christian Hickmann vom Versicherungsboten kann nur wenig Positives an der Honorarberatung entdecken Grundsätzlich werde der Provisionsberatung zu Unrecht unterstellt, dass die Berater aus Eigeninteresse handeln – denn auch Honorarberater stünden mit der Betreuungsvergütung in einem ähnlichen Interessenskonflikt. Dieser sei jedoch auch erwünscht, so der Autor weiter. Denn die Provisionsberatung biete zwar grundsätzlich den Vorteil einer kostenlosen Beratung, was besonders für einkommensschwache und Personen mit geringer Finanzbildung von Interesse sei, allerdings muss der Staat ein Interesse daran haben, dass auch solche Personen ein Vorsorgeprodukt erwerben, denn Vorsorge und Vermögensbildung sind Staatsziele.

Experiment Großbritannien: Keine Verbesserung der Beratung erfolgt

Welche Auswirkungen ein Provisionsverbot – und die damit einhergehende flächendeckende Honorarberatung hat, kann man seit 2013 in England beobachten. Hickmann kann wenig Erfreuliches darin sehen: Die Einführung des Provisionsverbotes in England führte zu einem Rückgang der Berater um 20%. Auf die Anleger sind indessen höhere Kosten zugekommen, zum Beispiel seien die Durchschnittskosten im Bereich der in offenen Investmentfonds von 1,5% auf bis zu 2,65% gestiegen, so der Autor weiter. Eine Verbesserung der Beratung konnte Hickmann hingegen nicht feststellen. Der Autor plädiert daher für den bewährten Fortbestand des Nebeneinander: Honorar- und Provisionsberatung könnten durchaus weiterhin nebeneinander bestehen.

Slowakei: Massive Abwanderung der Makler ins Ausland

Auch in der Slowakei wurde kürzlich die Honorarberatung zur Pflicht erhoben. Slowakische Makler sind massiv ins Ausland abgewandert oder wurden Ausschließlichkeitsvertreter, berichtet das Versicherungsmagazin. Einen erkennbaren Nutzen habe das Gesetz in der Slowakei damit nicht erzielt, so die einhellige Meinung der Experten. Auch der österreichische Konsumentenschutz sieht keinen Sinn in der Honorarberatung und stellt sich damit gegen die vorherrschende Meinung seiner deutschen Kollegen. Christian Prantner von der Arbeiterkammer Wien ist beispielsweise der Auffassung, dass die Honorarberatung keineswegs die Lösung allen Übels sei. Indirekt kritisierte Prantner ferner, dass die deutschen Verbraucherschützer selbst als Honorarberater aufträten und damit in Konkurrenz zum Markt stünden. Diesen Spagat könne man in Österreich nicht nachvollziehen.

Verdienen Honorarberater überhaupt Geld?

Nach Recherchen des Versicherungsboten fand man in Bilanzen von Honorarberatern fast ausschließlich Verbindlichkeiten und Verlustvorträge, was zu der Frage führt: Verdienen Honorarberater überhaupt Geld? Die Untersuchung ergab, dass diese Frage nur auf solche Honorarberater zutrifft, zu deren Kunden große oder mittelständische Unternehmen oder Family Offices gehören. Mit anderen Worten: Die Honorarberatung bewegt sich hier überwiegend im Anlagebereich. Versicherungs-Normalkunden gehören hingegen eher selten zum Kundenstamm der Honorarberater. Eine gewisse Beratungsdichte in der Bevölkerung sollte also sichergestellt sein.

Verbot der Provisionsberatung führt nicht zu besserer Beratung

Auch Michael Buth, Geschäftsführer der INVERS GmbH plädiert für einen Erhalt der Provisionsberatung. Seiner Meinung nach könne nur die Provisionsberatung frei von Interessen Dritter sein, womit er ein zentrales Argument der Honorarberater-Lobby einfach umdreht. Auch der Verbraucherschutz wird für die Provisionsberatung ins Feld geführt. Der Gesetzgeber solle als wichtigstes Ziel den Verbraucherschutz haben, so Buth. Wenn man jedoch provisionsgestützte Beratung verböte, hieße das noch lange nicht, dass Kunden besser beraten würden, ist sich Buth sicher. Fakt sei zudem, dass wohl kein Modell für sich beanspruchen könne, vollkommen ohne Eigeninteresse zu beraten.

Bei Versicherungswerten unter 500,- EUR winken Honorarberater ab

Dorothea Mohn vom Bundesverband Verbraucherzentrale (VZBV) empfiehlt hingegen nahezu uneingeschränkt die Honorarberatung. Die Verbraucherschützerin geht davon aus, dass Honorarberater kein Eigeninteresse hätten, bestimmte Produkte zu verkaufen. Der vom VZBV vorgestellte „Wegweiser Finanzberatung“ im Internet lässt sich jedenfalls nicht anders, als eine versteckte Werbung für die Honorarberatung interpretieren, kritisiert Welt-Autorin Josephine Papst. Bei Versicherungswerten von unter 500 Euro würden die Honorarberater abwinken, so Papst weiter. Lebensversicherungen seien hingegen ein lukratives Geschäft. Da aber viele Tarife Provisionen beinhalten würden, die die Honorarberater eigentlich an die Kunden weiterreichen müssten, würden solche Tarife gar nicht erst angeboten. Mohns Aussage, dass der Honorarberater frei von Eigeninteresse sei, ließe sich Papst zufolge nicht ohne weiteres aufrechterhalten. Ähnliches gilt auch für den Zweitmarkt für Lebensversicherungen. Weil auch auf dem Zweitmarkt bei Vermittlung eines Policenankaufs eine Provision in Höhe von 1% des Kaufpreises gezahlt wird, scheint das Zweitmarktgeschäft für Honorarberater wenig lukrativ zu sein. Darunter leidet aber das Prinzip der Best-Advice-Beratung, nach der die Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt der Beratung stehen sollten, nicht aber die Interessen des Beraters.

Das Honoraranlageberatungsgesetz brachte nicht den erhofften Erfolg

Die Idee der Honorarberatung ist so simpel, dass sie sogar Politiker begeistert hat, schreibt Carolyn Braun in der „Zeit“. Deswegen gibt es seit 1. August 2014 ein Honoraranlageberatungsgesetz. Bislang blieb die erhoffte Kehrtwende allerdings aus: 240.000 Versicherungsvertretern stehen gerade einmal 1.500 Honorarberater gegenüber. Potentielle Kunden müssen also lange suchen. Das Problem liegt aber ganz woanders, schreibt Braun, und das hat eher psychologische Gründe. Den Anlegern bereite es nämlich Schmerzen, ihr Geld dahinfließen zu sehen, egal ob die Beratung ein erfolgreiches Ende gefunden hat oder nicht. Ist es jedoch als Provision versteckt, kümmere es ihn nicht weiter, obwohl der Kunde das eigentlich weiß. Das zweite Problem: Woher weiß der Kunde, ob sein Honorarberater kompetent ist? Während es für Provisionsberater einen Sachkundenachweis gibt, gibt es den für Honorarberater nicht.

Fehlende Sachkundenachweispflicht

Die fehlende Verpflichtung eines Sachkundenachweises sieht auch Andreas Brunner, stellvertretender Vorstand der VEMA als großes Problem. Im zufolge habe die Honorarberatung nicht zuletzt deshalb keine Zukunft. Die aktuelle Bevorzugung der Honorarberatung seitens der Politiker manifestiert sich in einem kapitalen Missverständnis der Aufgabe des Versicherungsmaklers, so Brunner. Diese hätten die Rolle eines Marktwächters, da nur diese im Interesse der Kunden objektiv handeln würden. Dafür diene auch der Sachkundenachweis, über den Honorarberater nicht verfügen. Brunner zufolge sei die Honorarberatung sogar gefährlich, da sich die Beratung dann ausschließlich auf vermögende Personen beschränken würde, die große Masse würde dann aus der Beratung herausfallen.

Das Wichtigste zur Honorarberatung im Überblick:

  • In Deutschland gibt es nur wenige Honorarberater im Vergleich zu Maklern

  • Politik will die Honorarberatung fördern

  • Deutscher Verbraucherschutz unterstützt Honorar-, der österreichische Konsumentenschutz hingegen die Provisionsberatung

  • Staat muss Interesse an flächendeckender Beratung haben

  • Negative Erfahrungen mit ausschließlicher Honorarberatung in England und der Slowakei

  • Honoraranlageberatungsgesetz seit 01. August 2014

  • Unterschiede im Sachkundenachweis: Provisionsberater müssen Sachkunde nachweisen, Honorarberater nicht

  • Zweitmarkt: Honorargeschäft geht zu Lasten der Best-Advice-Beratung

von Dipl. Betriebswirt Matthias Wühle, M.A.

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Ein Kommentar zu “Honorarberatung: Vorteile und Nachteile

  1. Vielen Dank für einen informativen Beitrag zur Honorarberatung. Ich möchte mich gerade in Fragen Geldanlage beraten lassen. Gut zu wissen, dass von den Honorarberatern das Prinzip der Best-Advice-Beratung eingesetzt wird.

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