Warum Menschen gern Geld für Tigerbabys ausgeben
Wer kennt das nicht von seinem letzten Zoobesuch? Wer einmal in das unschuldige Gesicht eines kleinen Tigerbabys geblickt hat, macht schon mal ein paar Scheinchen locker und steckt sie in die Sammelbox am Ausgang: Wieder ein gutes Werk getan! Genauso verhält es sich mit „guten“, „grünen“ oder gar „ethischen“ Investments. Was kümmert da schon der Totalverlust des einen oder anderen Genussrechts, wenn man sein Geld ökologisch korrekt mit Windrädern verblasen hat, anstatt es den bösen Banken in den Rachen geworfen zu haben. Kein Vergleich zu dem weit aufgerissenen Rachen eines hungrige Tigerbabys – die Besucher schmelzen meist nur so dahin. Verbraucherschützer nicht ganz unschuldig an der Gier Wie konnte es eigentlich dazu kommen, dass der Genussschein-Emittent Prokon das Geld von so vielen Gutgläubigen verbrannt hat? Für Spiegel-Autor Christian Kirchner ist die Prokon-Geschichte geradezu ein Lehrstück der alternativen Geldanlage. Da ist zunächst einmal die Gier. Wenn selbst Verbraucherschützer, wie Edda Castelló Renditen von aktuell 3% für schlecht halten, stellt sich die Frage, ab welcher Höhe die Rendite “gut” ist? Noch letzte Woche beklagte die Hamburger Verbraucherschützerin gegenüber dem Handelsblatt aus ihrer Sicht das Hauptmanko einer Lebensversicherung: “Unterm Strich ist die Rendite fast nie über 3%”. Bei Prokon war dies durchaus der Fall. Ist so ein Genussrecht aus Sicht der Verbraucherschützer also die bessere Altersvorsorge? Doch die Gier allein war es nicht, meint Kirchner. Anleger suchen vielmehr nach moralisch-ethischen Anlageformen. Sie misstrauen zudem dem Gerede vom Kulturwandel der Deutschen Bank und erst recht den Commerzbank-Fernsehspots. Prokon-Chef Rodbertus erschien ihnen vor diesem Hintergrund vor allem authentisch und glaubwürdig. Außerdem scheint die Hemmschwelle bei “ethisch korrekten Geldanlagen” generell niedriger zu sein. Kirchner vergleicht so riskantes, aber grünes Investment mit einer Charity-Lotterie im Zoo: Am Ende sei das Geld zwar auch weg, aber zumindest profitieren jetzt irgendwie süße Tigerbabys davon: Und schließlich beklagt Kirchner die Asymetrie der deutschen Finanzregulierung: Während sich deutsche Finanzvermittler für einen Aktienfonds durch komplexe Beratungsprotokolle kämpfen müssen, könnten Genussrechte-Anbieter mühelos diese Barrieren umschiffen. Die Tricks des grauen Kapitalmarktes Der graue Kapitalmarkt verbrennt mit hohen Renditeversprechen viel Geld – und erwirtschaftet dabei hohe Provisionen. Anlegeranwälte schätzen, dass deutschlandweit über 100.000 Anleger Geld im sogenannten (unregulierten) Graumarkt investiert haben – ein Geschäft für windige Anlageberater, aber auch seriöse Banken seien an diesem Geschäft nicht ganz unbeteiligt, schreibt die Wirtschaftswoche. Selbst Kleinsparer beteiligen sich an diesen riskanten Anlagen, schuld daran seien die hohen Beraterprovisionen. Für die Vermittlung von Schiffsfonds – oft in kurzen Gesprächen von verkauft – seien zeitweise bis zu 10% Provision gezahlt worden. Besonders bedenklich sei gewesen, daß auch älteren Anlegern auf diese Weise die Produkte mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren verkauft worden seien. Die Berater seien besonders trickreich vorgegangen, indem sie zum Teil Logos und auch Geschäftsräume von Banken nutzen durften und damit den Kunden Seriosität vorgegaukelt hätten. Die Chancen geprellter Anleger stünden dabei noch nicht einmal besonders gut. Denn oft gäben die Gerichte den Anlegern eine Teilschuld. „Ankäufer“ von Lebensversicherungen können auch Anlagebetrüger sein Die BaFin hatte zuletzt vor drei Unternehmen gewarnt, die Einlagengeschäft betreiben, ohne dazu die nötige Lizenz vorweisen zu können. Dabei handelt es sich nach Angaben von Fonds Professionell zufolge um die Firmen “Josef Graf von Burgstein Inc.”, “Adam Jerome Harrison und Dionysios Skourlis”, sowie die Cashmaxx KG. Bei Cashmaxx handelte es um einen Ankäufer von Bausparverträgen und Lebensversicherungen. Dabei wurden die Verträge nach Ankauf sofort gekündigt, wobei das Geld aus dem Rückkaufswert in Raten zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden sollte – verbunden mit einem Zinsversprechen. Verbraucherschützer warnen schon lange vor diesem Geschäftsmodell. Daher sollten Lebensversicherungen nur an Mitgliedsunternehmen des BVZL verkauft werden. Nur diese zahlen den Kaufpreis über Rückkaufswert in einer Summe vollständig aus. Infinus: Investitionen am Primärmarkt? Juristisch gesehen ist die Lebensversicherung ein Vorsorge- und kein Anlageprodukt. Diese Unterscheidung ist für Makler wichtig, denn Vorsorgeprodukte unterliegen nicht der Maklerhaftung. Dennoch hat ein Unternehmen im großen Stil sowohl auf dem Zweit- als auch auf dem Primärmarkt in Lebensversicherungen “investiert”. Dahinter steht womöglich einer der größten Anlageskandale der deutschen Geschichte. Nach außen galten Sie als Ankäufer von Lebensversicherungen – in Wirklichkeit hat die Unternehmensgruppe um Infinus und Future Business selbst Policen bei Versicherern abgeschlossen – und damit entgegengesetzt ihrer eigenen Unternehmenskommunikation gehandelt, wie Fonds Professionell in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Das Handelsblatt hatte in diesem Zusammenhang auch vom “Provisionskarussell”gesprochen. Nach eigenen Angaben sei der Ankauf von Lebensversicherungen das Hauptgeschäftsfeld der Infinus-Gruppe gewesen. Investments im Zweitmarkt für Lebensversicherungen gelten deshalb als attraktiv, weil die damit verbundenen Kosten, wie z.B. Provisionen bereits bezahlt sind, so Fonds Professionell. Dass Unternehmen auch am Primärmarkt investierten, sei daher unüblich, so der Autor. Die Gewinnerzielung erschöpfte sich folglich in Bilanztricksereien, wie der Autor weiter ausführt. Zudem seien Kunden, die ihre Lebensversicherung an Infinus verkauft hätten, hauptsächlich mit Orderschuldverschreibungen – aus heutiger Sicht wertlos – „bezahlt“ worden. Stiftung Warentest: Policenankauf nur durch BVZL-Unternehmen Dieses Beispiel demonstriert umso mehr die Wichtigkeit, den seriösen vom unseriösen Zweitmarkt zu unterscheiden. Zum einen hat Stiftung Warentest bereits 2012 darauf hingewiesen, dass es gerade nicht egal ist, an welches Unternehmen man seine Lebensversicherung verkauft. In der Finanztest-Ausgabe 4/2012 wurde bereits ausdrücklich vor Ratenzahlern gewarnt. Auch verweist Stiftung Warentest auf die Mitgliedschaft im Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt für Lebensversicherungen (BVZL) e.V. als Qualitätskriterium. Infinus war zu keinem Zeitpunkt Mitglied im BVZL gewesen und wäre es auch nie geworden, da die Mitgliedschaft im Bundesverband zur Einhaltung dieser Ankaufskriterien verpflichtet. Als Faustregel kann man sagen, dass seriöse Ankäufer von Lebensversicherungen stets einen Kaufpreis für die Police zahlen, der über dem Rückkaufswert liegt. Dieser wird sofort und nicht in Raten ausgezahlt. Die Police wird mit dem Zweck angekauft, diese bis zur Endfälligkeit weiterzuführen. Dadurch bleibt dem Versicherten ein Rest-Todesfallschutz erhalten. Fazit: Nachhaltige Investments sind nicht grün, sie müssen nachhaltig sein! Der reihenweise Niedergang von Graumarktanbietern sollte potentiellen Anlegern ein Beispiel sein. Was kann man daraus lernen?
Hohe Renditeversprechen sind ein Risikoindikator. Denken Sie auch daran, daß der Leitzins aktuell nur bei 0,25% liegt.
Wenn Verbraucherschützer behaupten, dass eine Rendite von 3% schlecht sei, so ist das nicht nur unverantwortlich; solche Aussagen haben vor allem mit Verbraucherschutz nichts zu tun.
Gut klingende, das heißt „grüne“ Investments sind nicht per se Renditegaranten. Auch Windkraftanlagen müssen solide und vor allem langfristig finanziert sein, so wie alle anderen gewerblichen Anlagen auch.
Genussrechte und Orderschuldverschreibungen sind nachrangige Forderungen. Diese werden im Insolvenzfall nur bedient, wenn alle anderen Forderungen beglichen sind. Wirkliches nachhaltiges Investment sollte jedoch auch den Anlegerschutz mit einschließen.
Schauen Sie sich genau an, womit der Investor verspricht, das Geld zu verdienen. Sind die Aussagen nachvollziehbar? Beim näheren Hinschauen entpuppt sich so manches Investments als Schneeballsystem.
Wer Lebensversicherungen ankauft, sollte diese mit dem Ziel ankaufen, diese weiterzuführen. Vor Geschäftsmodellen, die die Lebensversicherungen sofort nach Ankauf kündigen, warnen BaFin und Stiftung Warentest.
Sie interessieren sich für nachhaltiges Investment? Wenn Sie Fragen zu nachhaltigem Finanzvertrieb haben, senden Sie uns eine E-Mail an CSR@policendirekt.de. Von Matthias Wühle
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