Wie sicher ist die deutsche Lebensversicherung?
Die deutschen Lebensversicherer stehen immer noch vor dem Problem der sinkenden Zinsen. Der Kapitalmarkt macht es den Versicherern nach wie vor schwer, Einnahmen in diesem Umfeld zu erzielen. Wie sicher ist die Lebensversicherung vor diesem Hintergrund?
Fitch Rating: Versicherer gut für Krisenszenarien gerüstet
In einer jüngsten Einschätzung sehen die Analysten von Fitch Rating die Versicherer jedoch gut gegen die Finanzmarktrisiken gerüstet: “German life insurers will be able to meet their policyholder minimum guarantees for a prolonged period, even if low investment yields persist. Hence the rating outlook for the German life insurance sector remains stable”. Um zu dieser Einschätzung zu gelangen, haben die Fitch-Analysten die Versicherer in einem Run-Off-Szenario getestet: “The outcome of these simulations supports Fitch’s view that rated German life insurance companies are reasonably well prepared to meet the sector’s current challenges”, so das Ergebnis. Besonders lobend hoben die Analysten die Bildung der Zinszusatzreserve hervor. Diese würde zwar die Rendite drücken, aber “…it helps to protect companies in a prolonged low interest rate environment”. Für 2014 erwartet Fitch einen moderaten Geschäftsanstieg, der sich aus Produktinnovationen ergeben könnte.
Ratings bestätigt, eine Heraufstufung
Die Ratingagenturen erwarten im kommenden Jahr keine Veränderung bei der Lebensversicherung. Alle Ratings wurden bestätigt. Ein Versicherer, die Condor Leben, verbesserte sich sogar von A+ auf AA-. Fitch bestätigt, dass die deutschen Lebensversicherer trotz anhaltender Niedrigzinsphase ihre Garantieverzinsungen gewährleisten können. Der Ausblick ist daher stabil. Für das kommende Jahr prognostiziert Fitch zudem einen Anstieg im Neugeschäft. Die vollständige Ratingübersicht finden Sie hier.
Es mangelt an Alternativen zur Lebensversicherung
Fachleute zeigen sich von der aktuellen Stabilität der Lebensversicherung überrascht. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase hatten Experten eigentlich eine dramatische Absenkung der Überschussdeklarationen erwartet. Doch die blieb bislang aus. Stattdessen meldeten Versicherer stabile Überschussverzinsungen. Hauptsächlich fehle es an Alternativen, schreibt WAZ-Autor Wolfgang Mulke: “Im Vergleich zum Sparbuch oder zu Festgeld sind Kapitallebensversicherungen oder private Rentenversicherungen noch vergleichsweise gute Anlagen. Rund 3,6 Prozent warfen sie im vergangenen Jahr durchschnittlich ab, und das bei einem Leitzins der Zentralbank von nur noch 0,25 Prozent”. Zwar böte der Kapitalmarkt aktuell kaum ausreichend Anlagemöglichkeiten – doch seien die Versicherer an ihre Zinsgarantien gebunden, so Mulke weiter. Unter anderem deshalb raten Fachleute vor der vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung ab, denn damit entgehe den Sparern viel Geld. Der Zweitmarkt bietet deshalb die Alternative des Verkaufs.
Angela Merkel: Versicherungen stabilisieren die Finanzmärkte
Banken werden für die Finanzkrise mitschuldig gemacht. Aber sind Versicherer ebenso daran schuld? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Banken und Versicherungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Volkswirtschaft? Hierzu sagte Angela Merkel: “Sie [Die Versicherungen, Anm. des Autors] platzieren Ihre Anlagen – das ist auch sehr wichtig für den Rhythmus, in dem unsere Gesellschaft funktioniert – sehr oft mit langen Zeithorizonten”. Im Gegensatz dazu kritisierte sie – vor allem vor dem Hintergrund der Finanzkrise bei den Banken, “…dass zu kurzfristig gedacht wurde”. Skurril mutet da schon eher der Vergleich von Banken mit Pferden an. Diese seien wie “…Kaltblüter im Winter – sie bewegen sich nicht“. Dies ist wohl als Hinweis darauf zu werten, dass sich Banken besonders in Krisensituationen zu wenig bewegten und stattdessen versuchen, ihre Pfründe zu verteidigen. Wenn man Merkel richtig versteht, sieht sie die Versicherer sogar als regulierenden Gegenpol zu den Banken. Sie findet es nämlich gut, “…dass Versicherungen, was lange Zeithorizonte anbelangt, eine stabilisierende Wirkung auf die Finanzmärkte haben”.
Aktuelle Solvabilitätsquote liegt deutlich über Solvency I
Die Solvabilitätsquote der deutschen Versicherer liegt deutlich über den aktuell geltenden Mindestanforderungen Solvency I. Dies geht aus dem Solvabilitätsbericht der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA hervor. Danach ist die Branche gut gerüstet für die bevorstehende Einführung der schärferen Regeln Solvency II. Die neuen garantielosen Produkte werden von der Aufsichtsbehörde hingegen kritisch betrachtet. In Zukunft will sie stärker darauf achten, daß “…zwischen den Kundeninteressen und den Stabilitätsanforderungen der Unternehmen die Balance nicht verloren geht”.
Solvency II soll Versicherer noch krisenfester machen
Unterhändler des europäischen Parlaments haben sich Mitte November auf die strengen Kapitalvorschriften für Versicherer Solvency II geeinigt. Versicherer, die höhere Risiken bei der Kapitalanlage eingehen möchten und z.B. eine höhere Aktienquote anstreben, können dies tun, müssen aber entsprechende höhere Eigenmittel nachweisen. Außerdem werden die Berichtspflichten verschärft und eine schärfere Aufsicht eingeführt. Die neue Solvency II-Regelung soll künftig die bereits als streng geltenden Kapitalanlagevorschriften im deutschen VAG ergänzen. Besonders kapitalstarke Versicherer wären dann nicht mehr an starre Richtlinien gebunden, sondern könnten ihren Aktienanteil sogar erhöhen, vorausgesetzt, sie tragen die Risikokosten durch den Nachweis an Eigenmitteln.
Für den Notfall: Der Werkzeugkasten der BaFin
Drei bis fünf Milliarden Euro zusätzliches Kapital müssen die Versicherer pro Jahr aufbauen, um die langfristigen Garantien mit ausreichend Kapital zu unterlegen. Dafür bekommt die Branche 16 Jahre Zeit. Was einigen Branchenkritikern zu schwach erscheint, könnte nach Auffassung von Felix Hufeld, Versicherungsaufseher der BaFin vor allem kleinen und finanzschwachen Versicherern Probleme bereiten, wie in allen großen Tageszeitungen, darunter der Welt zu lesen war. Besonders wenn die versprochenen Garantiezinsen zu hoch und die Prämien zu schlecht angelegt worden seien, könne die zusätzliche Belastung durch Solvency II bei den kleinen Gesellschaften erhebliche Probleme bereiten. Versicherungskunden selbst seien davon allerdings nicht betroffen, denn dafür habe die BaFin ihren “Werkzeugkasten”, von erzwungenen Änderungen in der Anlagepolitik angefangen, bis hin zur Auffanggesellschaft Protektor AG, schreibt die Welt weiter.
Von Matthias Wühle
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